Der Brauch in der Nacht auf Allerheiligen Halloween zu feiern bürgert sich in Old Europe erst langsam ein. Völlig zu Unrecht, wenn man mich fragt. Weil ich ein bisschen Fasching im Herbst ganz lustig finde. Weil ich mich gerne verkleide. Und weil meine Kostüme ohnehin immer eher in die Abteilung „creepy“ gehört haben.
Deshalb war ich auch Feuer und Flamme für die Juso Halloween Party im Gewerkschaftshaus. Nach langem Überlegen verwarf ich meine Standardverkleidung –zwei Vampirbisse am Hals und ein leicht blass geschminkter Teint- und tauchte als
Emily Strange für Arme auf: Schwarzes Kleid, schwarze Lack Mary-Janes-Schuhe, eine Katzentasche und zur Krönung zwei selbstgenähte schwarze Katzenohren auf dem Kopf. Plus natürlich mit dem ultimativen Emily-Accessoire: ein schlechtgelaunter Gesichtsausdruck.
Die Party-Insassen stellten sich dann als a) recht jung, b) recht eigenartig und c) als teilweise recht spärlich bekleidet heraus. Naja, dachte ich mir, vielleicht schlägt ja die Mitgliederwerbekampagne von Hubertus Heil an?
Das zweite Rätsel war, dass niemand tanzte. Egal, was man hinter dem DJ-Pult veranstaltete. Soul, HipHop, Ska, Rock, Hippieshit, ja noch nichtmal das Totschlagargument Disco bewegte die Anwesenden, den kleinen Zeh zu rühren. Ok, vielleicht war das Musikmaterial etwas zu historisch für das blutjunge Publikum. Weshalb ich es noch mit klassischer Indiepopschiene versuchte. The Strokes, the White Stripes, Blur, Mando Diao, die üblich Verdächtigen halt. Läuft ja schließlich auch auf MTV.
Die Reaktion war eigenartig: Ein junger höflicher blonder Riese kam auf mich zu und stellte sehr freundlich die Frage: Habt ihr auch Musik, zu der man tanzen kann? Ich muss wohl ziemlich entgeistert geschaut haben. Mir war im ersten Moment nicht so ganz klar, worauf er hinauswollte. (Obwohl: Den Wunsch nach Bon Jovi kurz zuvor und die Frage, ob man zum nächsten Lied Disco Fox tanzen kann, hätte ich vielleicht als Hinweise werten können…):
Wir waren inmitten einer begeisterten Horde von Tanzschülern gelandet. Und als ich dem netten jungen Mann erlaubte, mit seiner privaten CD Sammlung aufzulegen, gings dann auch richtig ab. Zu DJ Bobo, Oldies, ABBA und Ähnlichem wurde den Rest des Abends mit den Hüften geschwungen und mit den Armen gewirbelt. Immer schön als Zweierpärchen und immer schön mit der altbekannten Tanzschuleleganz. Blöd nur, dass die Figuren, die man dort lernt, nicht nach Spaß am Tanzen aussehen, sondern eher nach antrainierter Affektiertheit und dass die Gesichtsausdrücke schon erste Anzeichen von Tanzwettbewerb-Verzerrtheit aufwiesen.
Und nicht, dass man mich hier falsch versteht: Eigentlich liebäugele ich schon länger damit, meine Tanzkünste auffrischen zu lassen. Braucht man ja grade in der Großfamilie auf dem Land immer wieder. Hat man dann auf langweiligen Hochzeiten auch was zu tun, wenn man schon nicht trinkt. Und man macht auf Anlässen wie dem Hofball bei uns im Dorf nicht nur durchs perfekte Abendkleid Eindruck, sondern auch durch stilfeste Eleganz. Und man verbrennt Kalorien. Und der eigene Brautwalzer muss irgendwann auch gehörig Eindruck schinden. Ect. pp…
Allerdings brauche ich ganz dringend eine coole Tanzschule. Ohne Promenade und andere überflüssige Figuren, sondern mit Konzentration aufs Wesentliche. Back to the Basics sozusagen. Achja, und wenn’s ohne DJ Bobo abgehen könnte wäre das auch super. Sachdienliche Hinweise bitte an mich.