Ich hatte mich ehrlich gefreut. Ein Film, viel Swing, viel Style und obendrein eine Dreiecksliebesgeschichte. Was kann man mehr von einem Abend im Kino verlangen? Ja, ich hätte gewarnt sein sollen. Deutsche Filme, die glauben popkulturelle Dekaden darstellen zu können…Aber ich hatte ja auch
„Verschwende Deine Jugend“ gemocht und der hatte ja immerhin dieselbe Hauptdarstellerin.
Egal. Auf jeden Fall habe ich letzte Woche im Kino gesessen und
„Der Rote Kakadu“ angeschaut. Einen Film über die letzten Monate in der DDR vor dem Mauerbau in den 60er Jahren und eine aufbegehrende Swingjugend in einem Dresdner Tanzlokal. Und was soll ich sagen? Die ersten 10 Minuten hatten das Zeug zum neuen Lieblingsfilm. Gutaussehende junge Menschen tanzen ohne Musik in einem Park Twist, die offiziellen Vertreter der DDR gehen mit ihrem neuen volksrepubliktauglichen Tanz ganz übel baden und Luise (Jessika Schwarz) verkündet, sie glaube an die DDR als besseren der beiden deutschen Staaten, weil im Westen nicht Jeder dieselben Chancen geboten kriege. Das war's dann aber leider auch, denn ab diesem Punkt beginnt die Story zu kippen in ein Stasi-Paranoia-Drama kombiniert mit einer Menage a Trois, die für mich als Zuschauer leider gestört wird durch die Dumpfbackigkeit (und das Scheiß-Aussehen) des Ehemanns von Luise. Und der Mauerbau rückt drohend immer näher… Jedenfalls kann ich nicht behaupten, es sei ein schlechter Film, ich kann aber ebenso nicht sagen, ich hätte übermäßig Spaß gehabt oder wäre „beswingt“ aus dem Kino gekommen. Und im Übrigen waren die Tanzszenen ziemlich schwach.
Neues Wochenende, neuer Versuch. Diesmal mit dem bereits von
Simone besprochenen
„Walk The Line“ , sozusagen der Johnny Cash Story. Nachdem ich bereits einige Erfahrung mit Musiker-Biografien auf der Leinwand gesammelt habe (z.B. Ray, Die Ike-und-Tina-Turner-Story, Die Elvis-Serie, Jerry-Lee-Lewis der Film…), zweifelte ich an dieser Verfilmung besonders aus einem Grund: Die Musik. Bringt mich doch Country und insbesondere die Cash-Version mit akkustischer Gitarre und melancholisch vor sich hinjaulendem John-Boy regelmäßig zu Fluchtversuchen. Und da hab ich sein „Harter Junge, der schon mal im Knast war-Image“ noch nicht mal erwähnt. Anyway, keine guten Vorzeichen.
Andererseits sprach auch einiges für den Film: Die hochtoupierten Frisuren der 60er Jahre, das
Kino am Sendlinger Tor (eins der hübschesten Filmtheater Münchens) und die überschwänglichen Besprechungen in diversen von mir konsultierten Medien.
Und was soll ich sagen? Vielleicht kam mir meine Unbelecktheit zugute, die Tatsache, dass mir Johnny Cash sowohl biografisch als auch musikalisch ziemlich am Arsch vorbei ging, aber ich muss sagen: Der Film ist großartig.
Tolle Kleidung (60ies noch mit 50ies Reminiszenzen), tolle Haare (Tollen machen aus ziemlich jedem Kerl das Beste), tolle Musik (ziemlich Nashville) und Gastauftritte von Elvis (Zitat: „Dieser Elvis redet immer bloß von Sex“), Carl Perkins und Roy Orbison. Darüberhinaus nicht eine Blondine (alle wichtigen Frauen im Film sind braunhaarig) und eine Hauptdarstellerin mit Charakter. Hätte gar nicht gedacht, dass ein Countrychick wie June Carter so cool sein kann (Wer weiß schon, dass das von mir immer schon geliebte „Ring of Fire“ aus Junes Feder stammt?). Ich muss nun wohl meinen Blick auf Nashville, Memphis und das ganze Countryzeugs ändern. Plus, ich muss zugeben: Diese vor Kitsch triefenden Liebeslieder haben was. Werde mich nun wohl mit Johnny Cashs Sechziger Jahre Phase genauer befassen müssen, seufz.