Dada im neuen Jahrtausend
Großkundgebungen stehen an: In Coburg und in Cham, später dann noch in München marschiert die NPD (und die Burschenschaften) die nächsten Wochen auf. Und ich muss, alleine schon wegen meiner Funktion, natürlich fleißig gegendemonstrieren. Das ist ja an sich betrachtet ganz nett, weil irgendwie ein Deja-Vu in die Zeiten als ich noch richtig jung war und mächtig stolz auf meine Docs mit roten Schnürsenkeln. Andererseits erstarrt die Demokultur gegen Rechts mittlerweile ein bißchen in sich selbst.
Rote Karten, weiße Rosen, empörte Bürger und blöderweise noch Palästinensertücher auf beiden Seiten: so sehen heutzutage Bürgersteige am Rande von Nazidemos traditionell aus. Und die NPD läßt sich weder von Symbolen noch von Trillerpfeifen nachhaltig irritieren.
Was tut man nun als politisch korrekter, provokativ gestimmter Zuschauer, um Aufruhr und Wirkung zu erzielen?
Nun, man kann beispielsweise mit Israelfahne protestieren wie so mancher Antideutscher, das ärgert so einen Nazi am zuverlässigsten. Möchte man sich jedoch Grundsatzdebatten im eigenen Lager mit wohlmeinenden "Antiimps" ersparen, bleibt vielleicht noch eine neue Art des Protests.
Ein Häufchen junger Menschen in Leipzig war wohl auch ermüdet von den altbekannten Reflexen und begann das Thema NPD auf die "leichtere" Schulter zu nehmen. Die "Front Deutscher Äpfel" wurde gegründet, in Anlehnung an den NPD-Politiker Holger Apfel. Fortan bot sich vor Nazidemos in Sachsen ein skuriles Bild, wenn eine Armada schwarz Gekleideter (Selbstbezeichnung: "bestangezogenster schwarzer Block aller Zeiten") aufmarschierte mit einer roten Armbinde auf der ein Apfel prangte und skandierte "gegen Überfremdung des deutschen Obstbestandes und gegen faul herumlungerndes Fallobst!" zu sein. Da mussten dann selbst die anwesenden Polizeibeamten schmunzeln. Und die NPD fand das erwartungsgemäß gar nicht lustig. In einem sehr unterhaltsamen Wikipedia-Artikel lernt man dann noch, dass die Jugendorganisation "Bund deutschen Frischobstes" heißt und in einer Assoziation mit dem "Bund weicher Birnen" zusammenarbeitet.
Oder um einen Spiegel-Bericht zu zitieren: "Was gibt der deutschen Jugend Kraft? Apfelsaft!"
In diesem Sinne hätte ich richtig Lust, mich auf dem bevorstehenden Coburger Convent als Amateur Charlie Chaplin zu betätigen und mal ein bißchen Stechschritt zu üben.