Sowieso und Irgendwo

Montag, Februar 19, 2007

Kir Royal, Berlin


Dass ich Berlin gegenüber zwiespältige Gefühle hege, ist denke ich bekannt. Gerade im Winter ist meine Zuneigung, sagen wir mal, "abgekühlt".

Nichtsdestotrotz war ich letztes Wochenende mal wieder in der Hauptstadt. Zum einen weil ich Karten für den wunderbaren Max Raabe und sein Palastorchester im Admiralspalast geschenkt bekommen habe. Und wer läßt sich schon eine Revue an der Örtlichkeit entgehen, in der die SPD mit der KPD zur SED zwangsvereinigt wurden? :-) Zum anderen versprach Berlin wenigstens eine karnevalsfreie Zone zu sein. Wenn nämlich der Berliner für eines nicht zu haben ist, dann ist das Frohsinn.

Und dann galt es natürlich noch, die neubezogene 125 qm Altbau-Wohnung eines guten Freundes in Mtte-Mitte angemessen zu bewundern (sehr mondän). Dieser bescheidenen Behausung in der Alten Schönhauser Straße (und eventuell der Berlinale) verdanke ich auch einige Begegnungen der 3. Art.

Bekanntermaßen hat Helmut Dietl vor, eine Fortsetzung von Kir Royal zu drehen. Und die soll -wie kann es anders sein- am neuen Schauplatz aller Eitelkeiten spielen, in Berlin. Mal abgesehen davon, dass ich dieses Vorhaben für Frevel halte, könnte ich mir keine bessere Kulisse als die Hauptstadt der Berliner Republik für dieses Ansinnen vorstellen.

Und am Samstag Abend habe ich das "perfekte" Lokal für die Neuverfilmung gefunden: Ich mußte im Cantamaggio speisen, ein Edelitaliener der speziellen Berliner Sorte. Die Einrichtung war eigentlich ganz hübsch (sehr schlicht, grüne Wände, in den Toiletten konnte man noch erahnen wie das Gebäude vor der Kernsanierung ausgesehen hat), das Brot sehr gut und die Kellnerinnen sehr nett. Wir kamen um 8, eine muntere Schar von Gästen war auch schon da: Die eine Hälfte sah aus wie DJs oder Modemacher, die andere Hälfte wie Vertreter der neuen Bürgerlichkeit, die auch gerne ihre Kiddies und die Schwiegereltern zum Essen mitschleppen. Alles in allem recht unaufgeregt.

Ganz im Gegensatz zur handgeschriebenen Speisekarte (jeden Tag komplett neu), die mich vor schwierige Probleme stellte: Pizza? Is nicht. Pasta? Nur als Zwischengang. Fisch? Nur mit ominösen Beilagen. Fleisch? Bevorzugt Wild oder mit Innereien. Nachtisch? Mit Angabe der Schokoladensorte beim Halbgefrorenen (angeblich die beste Kochschokolade überhaupt). Und das ganze zweisprachig und mit gesalzenen Preisen. Ich entschied mich für Bandnudeln mit Sauce von Heuschreckenkrebsen und irgendwelchem Fisch. Hinterher war ich immer noch hungrig und mußte mir eine Portion Scharwama im Laden nebenan holen.

Ich fühlte mich ein bißchen wie Senta Berger in Kir Royal, die auch jeden Abend in irgendeinen Chichi-Franzosen zum Essen gehen musste :-)

Aber ich gebe zu, ich bin nicht unkompliziert, was Essen betrifft.

Richtig lustig wurde es dann um ca. 21.00 Uhr wo kurz nacheinander Zweiraumwohnung in Begleitung der anderen Humpe-Schwester und Blixa Bargeld zum Dinner hereinschneiten. Unabhängig voneinander. Und große Gruppen von hip aussehenden Wahrscheinlich-Filmproduzenten und Schaupielern. Liegt halt hinter der Volksbühne der Schuppen. Sozusagen das Borchardts für die jungen hippen Kreativen, die es ja in Scharen nach Berlin zieht. Das sollte mal jemand dem Dietl stecken, jetzt wo ja in München selbst der Rossini-Italiener schließen musste.

Der Abend nahm jedoch noch einen versöhnlichen Ausklang: Nach einem längeren Barbesuch bin ich dann vor dem Babylon-Kino noch fast in Bela B hineingelaufen. Ein Traum fürs Groupieherz :-) Auch wenn er nicht allzu gut aussah mit neuem Bart. Und auch wenn ich irgendwie seine Begleitung (die Tante mit den runterrutschenden Shirts und den Bikiniträgern drunter) absichtlich übersehen habe :-)